5 Methoden um Ersatzmitglieder besser in die Arbeit des Betriebsrates einzubinden

Ersatzmitglieder sind sehr wichtig. Im Falle des Nachrückens sichern sie sowohl die Arbeits- als auch die Beschlussfähigkeit des Gremiums ab. Wünschenswert ist es natürlich, wenn die Ersatzmitglieder gleich voll in die Arbeit des Betriebsrates einsteigen können und keine Zeit damit verbracht werden muss, die Kolleg*innen erst einmal auf den aktuellen Stand zu bringen.

Die Ersatzmitglieder immer auf dem neusten Stand zu halten, ist aber gar nicht so einfach. Ersatzmitglied zu sein, ist nämlich grundsätzlich kein Status, sondern eine Anwartschaft. Bevor sie nachrücken, sind Ersatzmitglieder normale Arbeitnehmer*innen. Wenn der Betriebsrat sie über die laufenden Geschäfte informiert, muss er deshalb darauf achten, seine Geheimhaltungspflichten aus § 79 und § 99 Abs. 1 BetrVG nicht zu verletzen und die prinzipielle Nichtöffentlichkeit der Betriebsratssitzungen zu berücksichtigen. Viele Arbeitgeber*innen werden sich zudem weigern, Ersatzmitglieder von ihrer Arbeit freizustellen, bevor sie ordentlich in den Betriebsrat nachgerückt sind. Wir zeigen Euch fünf Möglichkeiten, wie Ihr diese Herausforderungen meistert und Eure Ersatzmitglieder sinnvoll in die Arbeit des Betriebsrates einbeziehen könnt.

  1. In den Informationsfluss des Betriebsrates einbinden

Ersatzmitglieder sind keine Betriebsratsmitglieder. Deshalb dürfen sie nicht pauschal jede Information erhalten, die alle Betriebsratsmitglieder bekommen. Im Wesentlichen geht es dabei um personenbezogene Informationen, die der Betriebsrat im Rahmen von Unterrichtungen nach § 99 BetrVG erhält, sowie um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Beides darf der Betriebsrat nicht einfach an Außenstehende weitergeben. Alle anderen Informationen kann der Betriebsrat jedoch zirkulieren lassen, wenn er dies für angebracht hält.

Die*der Schriftführer*in könnte zum Beispiel eine Version des Protokolls erstellen, in der alle sensiblen Informationen geschwärzt sind; so kann es auch an die Ersatzmitglieder verteilt werden. Die Ersatzmitglieder könnten auch in die E-Mail-Verteiler sowie Facebook- oder Messenger-Gruppen aufgenommen werden, sofern dort keine geheimhaltungspflichtigen Informationen geteilt werden.

Ob die Ersatzmitglieder gut eingebunden werden können, hängt auch entscheidend davon ab, ob der Betriebsrat ein gutes Wissensmanagement betreibt: Sind die Protokolle gut und verständlich geschrieben? Sind die Informationen ordentlich und nachvollziehbar abgeheftet und die digitalen Dokumente sorgfältig abgelegt? Ist alles vollständig und leicht auffindbar? Ersatzmitglieder können Euch helfen, Euer Wissensmanagement zu verbessern, indem sie Euch auf bestehende Mängel hinweisen und Verbesserungen anregen.

 

  1. Vorbereitung der Sitzungen ermöglichen

In vielen Gremien wird bei der Organisation der Stellvertretungen von BR-Sitzung zu BR-Sitzung gedacht. Ersatzmitglieder rücken jedoch bereits zu dem Zeitpunkt nach, ab dem bekannt ist, dass das Vollmitglied verhindert sein wird. Das kann also auch schon einige Tage vor der nächsten BR-Sitzung der Fall sein. Das Ersatzmitglied hat dann ausreichend Zeit, um sich auf die Sitzung vorzubereiten und sich aktuelle Informationen anzulesen.

Selbst wenn der Nachrückfall tatsächlich erst zu Beginn einer BR-Sitzung eintreffen sollte, hat das Ersatzmitglied das Recht, sich einen oder zwei Tage vorher bereits auf die BR-Sitzung vorzubereiten (Vorwirkung). Genau wie alle anderen BR-Mitglieder hat auch das Ersatzmitglied einen Rechtsanspruch darauf, gut vorbereitet in die BR-Sitzung zu gehen und sich mit allen Tagesordnungspunkten im Voraus vertraut zu machen.

Weist Eure Ersatzmitglieder auf diese Möglichkeit hin und ermöglicht ihnen den Zugang zu den physischen und digitalen Akten des Betriebsrates jeweils schon im Vorfeld der Sitzungen.

 

  1. Teilnahme an Schulungen

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2014[1] hat ergeben, dass Schulungen neben den Betriebsratssitzungen der wichtigste Raum für Betriebsräte sind, um sich untereinander auszutauschen. Wenn Ersatzmitglieder häufig nachrücken oder die Vertretungsfälle in gewisser Regelmäßigkeit auftreten, haben auch Nachrücker*innen einen Anspruch auf Teilnahme an mindestens den Grundlagenschulungen. Auch nach der Rechtsprechung des BAG können Schulungen für Ersatzmitglieder erforderlich sein, wenn dadurch die Arbeitsfähigkeit des Gremiums gesichert wird.[2] Häufig stimmt auch die Arbeitgeberin der Teilnahme von mehreren Ersatzmitgliedern an Schulungen zu, weil ein späteres Nachschulen meist teurer und organisatorisch schwieriger wäre.

Nutzt diese Chance und nehmt immer so viele Ersatzmitglieder wie möglich mit zu den Schulungen, um Euch dort miteinander auszutauschen und den Schulungsbesuch gemeinsam zu gestalten.

 

  1. Klausurtagungen

Klausurtagungen sind außerordentliche Betriebsratssitzungen. Auf ihnen wird nicht das Tagesgeschäft verhandelt, sondern sie dienen dazu, die allgemeine Planung der kommenden Monate vorzunehmen sowie interne Strategien und Aufgabenverteilungen festzulegen. Dies betrifft auch die Ersatzmitglieder, sofern sie nicht ganz weit hinten auf der entsprechenden Liste stehen und nicht damit zu rechnen ist, dass sie in den nächsten Monaten nachrücken werden. Auf einer Klausurtagung sollten keine personellen Einzelmaßnahmen besprochen werden, und auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen in diesem Rahmen meist nicht erörtert werden. Daher ist es unproblematisch, die Ersatzmitglieder als Gäste zu den Klausurtagungen des Betriebsrates zu laden. Auch die Arbeitgeberin wird einer Freistellung gegenüber offener sein, da es sich nur um wenige Termine in der Amtszeit handelt.

Alternativ könnt Ihr auch eine Klausurtagung oder einen Tagesordnungspunkt speziell für die Ersatzmitglieder organisieren und mit ihnen Wege einer besseren Zusammenarbeit und die Möglichkeiten aus den anderen hier genannten vier Punkten besprechen.

 

  1. Mitarbeit in der Betriebsgruppe

Existiert bei Euch im Betrieb eine gewerkschaftliche Betriebsgruppe oder ein Vertrauenskörper? Falls ja, dann ist es sinnvoll und wünschenswert, dass Ersatzmitglieder sich dort engagieren. So kann die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft noch enger gestaltet werden. In Betrieben mit geringem gewerkschaftlichen Organisationsgrad übernehmen besonders aktive Betriebsratsmitglieder häufig beide Posten ­– doch diese Doppelbelastung ist selbst für den*die engagierteste*n Kolleg*in meist zu viel.

Wenn bei Euch keine Betriebsgruppe existiert, besprecht mit der bei Euch vertretenen Gewerkschaft, wie ihr eine solche gemeinsam etablieren könnt. Denn der Betriebsrat kann von einer starken gewerkschaftlichen Präsenz im Betrieb nur profitieren.

[1] https://www.boeckler.de/hbs_showpicture.htm?id=46197&chunk=1.

[2] BAG 15.5.1986, AP Nr. 53 zu § 37 BetrVG 1972 und BAG 19.9.2001 – 7 ABR 32/00.