Büropersonal auch für kleine und mittlere Betriebsräte? – Eine Frage der Erforderlichkeit

Welche Betriebsräte haben Anspruch auf Büropersonal?

Zusätzliches Personal, das dem Betriebsrat anfallende Schreibarbeiten abnimmt, ist im Wesentlichen etwas für große Gremien in Unternehmen mit hunderten, wenn nicht tausenden von Beschäftigten. Manchmal findet man auch die Faustregel, dass ein Anspruch prinzipiell ab 11 BR-Mitgliedern bestünde.[1] Das ist falsch. Denn, wie bei allen Sachmitteln, kommt es auch hier allein auf die Erforderlichkeit an: „Entscheidend ist der tatsächliche Arbeitsanfall“.[2] Gremiengröße und Anzahl der Arbeitnehmer*innen im Betrieb sind nur ein erster Hinweis. Die gegenwärtige Arbeitswelt zeigt immer wieder, dass die einfache Rechnung, von der das Betriebsverfassungsgesetz in § 9 (Zahl der Betriebsratsmitglieder) und § 38 (Freistellungen) ausgeht, in der Praxis nicht mehr aufgeht. Die Anzahl der Beschäftigten ist nicht automatisch ausschlaggebend für den Arbeitsanfall eines BR-Gremiums. Die Arbeit moderner Betriebsräte ist vielfältig und je nach Unternehmensorganisation unterschiedlich gelagert. Vergleichsweise kleine Betriebe, mit einem komplexen Aufbau, können für Betriebsräte eine größere Herausforderung darstellen als große Unternehmen mit eher konservativen Strukturen. Hohe Personalfluktuation, häufige Betriebsänderungen, viele ausländische Arbeitnehmer*innen, mehrere Betriebsteile, große Streuung an verschiedenen Tätigkeiten und eine fehlende Tarifbindung haben nichts mit der Beschäftigtenzahl zu tun, bedeuten für das BR-Gremium aber meist einen höheren zeitlichen Aufwand.

Es ist also für alle Gremien, egal welcher Größe, zu empfehlen, für sich zu prüfen, ob die Bestellung von zusätzlichem Büropersonal erforderlich und sinnvoll sein könnte. Dies um so mehr, als Personal nicht zwingend im Umfang einer Vollzeitstelle, sondern auch in kleineren Stundenkontingenten zur Verfügung gestellt werden kann.

 

Welche Aufgaben können Bürokräfte für den Betriebsrat übernehmen?

Bürokräfte können vom BR für verschiedenste Tätigkeiten eingesetzt werden. Neben klassischen Schreib- und Sekretariatsaufgaben können sie auch organisatorische Arbeiten im Rahmen des Gremiums erledigen: Verfassen von Korrespondenzen und Protokollen, Überwachen des Posteingangs und Führen des Terminkalenders, Verteilen und Weiterleiten von Informationen unter den Gremienmitgliedern, Sicherstellen der telefonischen Erreichbarkeit des Gremiums sowie Führen und Organisieren der Büroablage.[3] Denkbar ist auch eine Unterstützung bei der IT-Administration oder anderen technischen Aufgaben.[4]

Schon seit längerer Zeit[5] gibt es überdies die Entwicklung, dass sich Betriebsräte Stabsstellen einrichten und Büropersonal auch für inhaltliche Aufgaben und Öffentlichkeitsarbeit heranziehen. Selbstverständlich sind es weiterhin die gewählten Gremienmitglieder, die die Entscheidungen in mitbestimmungsrelevanten Tatbeständen fällen, aber wissenschaftliche oder juristische Referent*innen können sie dabei beraten und ihnen zuarbeiten.[6]

Ein Anspruch auf inhaltliche Unterstützung bei der BR-Arbeit könnte neben § 40 (Kosten und Sachaufwand) auch aus § 80 Abs. 2 (sachkundige Arbeitnehmer*innen) oder § 80 Abs. 3 (Sachverständige) begründet werden.

 

Wie ist die arbeitsrechtliche Situation der Bürokräfte?

Der Betriebsrat selbst kann keine Arbeitnehmer*innen anstellen. Diese müssen also einen Arbeitsvertrag mit dem*der Arbeitgeber*in abschließen und diese*r muss sie dem Betriebsrat zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat hat jedoch ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Person.[7] Er muss keine Person als Bürokraft akzeptieren, zu der er kein Vertrauensverhältnis hat.[8]

Dem Betriebsrat wird das Weisungsrecht gegenüber den Bürokräften übertragen.[9] Er kann also autonom darüber entscheiden, welche Aufgaben er ihnen jeweils zuweist. Gleichzeitig bleiben sie Arbeitnehmer*innen des Betriebes. Aus dieser Doppelrolle können manchmal problematische Fragen entstehen, zum Beispiel: Genießt das Büropersonal dieselben Schutzrechte wie die Vollmitglieder des Betriebsrates? Muss der*die Arbeitgeber*in auch für das Büropersonal die anfallenden Sachkosten zwingend übernehmen? Dürfen die Referent*innen bei der Beschlussfassung des Betriebsrates anwesend sein? Diese Themen sollten nach Möglichkeit im Vorfeld zwischen Arbeitgeber*in und Betriebsrat bzw. im Rahmen der Geschäftsordnung des Betriebsrates eindeutig geklärt werden, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.

 

Wie kommt der Betriebsrat zu einer Bürokraft?

Wie auch bei den Sachmitteln hat der*die Arbeitgeber*in dem Betriebsrat Büropersonal zur Verfügung zu stellen, sofern dieser die Erforderlichkeit geprüft und im Ergebnis beschlossen hat. Bei seinem Beschluss hat der Betriebsrat aber nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch das Interesse der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des BR-Amtes sowie die Interessen des*der Arbeitgebers*in zu berücksichtigen. Der BR muss anhand der konkreten betrieblichen Verhältnisse seine Aufgabenstellungen und seinen damit zusammenhängenden Arbeitsanfall beurteilen.

Es ist deswegen zu empfehlen, dass sich der Betriebsrat genau überlegt, welche Aufgaben er auf eine Bürokraft begründet übertragen möchte und welchen zeitlichen Umfang diese Aufgaben jeweils einnehmen. Er entwirft damit auch gleichzeitig ein Stellenprofil. Wichtig ist, dass die Liste der Aufgaben nur solche umfasst, die auch per Gesetz dem Betriebsrat obliegen. Weder die Planung des Sommerfestes, noch Aufgaben für andere Gremien, wie den Wirtschaftsausschuss oder den Gesamtbetriebsrat, sind zulässig. Außerdem sollte der Betriebsrat in der Lage sein zu erläutern, wie er die betrieblichen Verhältnisse, die Fähigkeiten seiner Mitglieder und die wirtschaftliche Situation des Betriebes in seine Entscheidung einbezogen hat.

 

Büropersonal kann auch in kleinen und mittleren Unternehmen eine professionelle Unterstützung für Betriebsratsgremien sein. Sinnvoll eingesetzte Bürokräfte helfen dem Gremium dabei, sich auf die Kernaufgaben seines Amtes zu konzentrieren. Bestimmte Aufgaben bei einer Bürokraft zu bündeln, kann aufgrund eines besseren Work-Flows unter Umständen sogar Kosten im Gegensatz zur Freistellung von BR-Mitgliedern sparen. Darüber hinaus bietet Büropersonal die Möglichkeit, noch mehr engagierte Kolleg*innen in die Arbeit des Gremiums zu integrieren und zu verhindern, dass sich einzelne BR-Mitglieder zwischen Arbeits-, Amts-

[1] Böker, Karl-Hermann: Organisation von Betriebs- und Personalräten. Bund-Verlag: 2009. S. 40.

[2] Vgl. Fitting BetrVG § 40 BetrVG, RN 135. Das LAG Baden-Württemberg hatte in einem

Urt. v. 25.11.1987, Az.: 2 TaBV 3/87 einem 15-köpfigen Gremium pauschal eine Vollzeit-Bürokraft zugesprochen.

[3] Diese Beispiele stammen aus: Hessisches LAG, Beschluss vom 19.02.2008 – 4 TaBV 147/07.

[4] Vgl. Däubler BetrVG § 40, RN. 197.

[5] Kübler, Ingo: Stabsmitarbeiter und Referenten betrieblicher Interessenvertretungen. Düsseldorf: 2006. https://www.boeckler.de/pdf/p_edition_hbs_174.pdf

[6] Siehe BAG Beschl. v. 19.06.2012, Az.: 1 ABR 19/11, Rn. 27 und BAG

Beschl. v. 20.04.2005, Az.: 7 ABR 14/04, Rn. 12.

Die Hans-Böckler-Stiftung hat in ihrem Mitbestimmungsportal Umfrageergebnisse zu den vielfältigen Aufgaben von Assistent*innen des Betriebsrates veröffentlicht, https://www.mitbestimmung.de/html/vielfalt-der-rollen-und-aufgaben-6078.html

[7] Vgl. Fitting BetrVG § 40, RN. 136.

[8] Vgl. BAG Beschl. v. 05.03.1997, Az.: 7 ABR 3/96.

[9] Vgl. GK-BetrVG § 40, RN. 204.