Die Geschäftsordnung des Betriebsrates – Basis und Handlungssicherheit für alle Gremien

Eine lesenswerte Studie der Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2007[1] hatte ergeben, dass zwar viele Betriebsräte über eine Geschäftsordnung verfügen, die meisten jedoch eine der zahlreich im Internet verfügbaren Vorlagen verwendet haben. Diese Vorlagen geben meist nur ohnehin geltende Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes wieder und helfen dem Betriebsrat deswegen kaum, die Arbeit des eigenen Gremiums individuell zu gestalten. Das Ergebnis ist, dass die meisten Geschäftsordnungen als solche wenig genutzt werden. Daneben existieren häufig mündliche Vereinbarungen und Routinen, die die BR-Arbeit zwar prägen, aber nie schriftlich fixiert wurden.

Wir möchten hier nachdrücklich dafür werben, dass sich alle Betriebsräte eine schriftliche Geschäftsordnung geben, wie es in § 36 BetrVG vorgesehen ist. Dies ist jedoch nicht damit getan, eine Vorlage zu verabschieden, sei sie auch noch so gut. Vielmehr sollte das gesamte Gremium einen Diskussions- und Findungsprozess starten, in dem gemeinsam erarbeitet wird, welche Regelungen für die eigene Arbeit hilfreich und sinnvoll sind. Was braucht Ihr als Betriebsrat im konkreten Umfeld Eures Betriebes, um gut zusammen arbeiten zu können? Dieses gemeinsame Besprechen, Diskutieren und Verhandeln über die eigene Geschäftsordnung muss der Kern jedes Regelwerks sein.

Was ist das Ziel einer Geschäftsordnung?

Der Betriebsrat ist ein demokratisches ­– und kein technokratisches – Gremium. Das bedeutet, dass es nicht darum geht, die einzig wahre, “richtige” Entscheidung zu fällen. Denn was die „richtige“ Entscheidung ist, hängt immer von jeweiligen Interessen, Meinungen und Neigungen ab. Vielmehr geht es darum, Entscheidungen zu treffen, an deren Entstehung sich möglichst alle Mitglieder des Gremiums in gleicher Weise beteiligen konnten. Auf dem Weg dorthin wird es Diskussionen, Auseinandersetzungen und vielleicht sogar Streitigkeiten geben. Das darf auch so sein. Schließlich handelt es sich um politische Entscheidungen, um die verhandelt und gerungen werden muss. Wichtig ist dabei jedoch, dass interne Diskussionen fruchtbar bleiben und die Arbeit des BR nicht lähmen, so dass der Betriebsrat trotz unterschiedlicher interner Positionen nach Außen immer aktiv und handlungsfähig ist. Das Betriebsverfassungsgesetz versammelt hier bereits eine Reihe von hilfreichen Regelungen, um dies zu ermöglichen. Je nach betrieblicher Situation kann es jedoch sinnvoll sein, diese Regelungen noch durch eigene Vorgaben zu ergänzen – und hier kommt die Geschäftsordnung ins Spiel.

Was kann in einer Geschäftsordnung geregelt werden?

  • Deklaratorische Inhalte, also Fragen, die im BetrVG bereits zwingend geregelt sind, die aber in der Geschäftsordnung noch einmal wiederholt werden. Der Vorteil: Dies führt allen Mitgliedern des Gremiums sämtliche Vorgaben klar vor Augen. Im Mittelpunkt sollten aber die vom Gremium selbst erarbeiteten Regeln stehen. Wie bereits erwähnt, basieren die meisten Vorlagen auf eben solchen deklaratorischen Inhalten, was auch zu erwarten ist, denn Außenstehende können die besonderen Erfordernisse einzelner Gremien nicht kennen.

Der Betriebsrat kann im Übrigen in der Geschäftsordnung nicht von jenen Regelungen abweichen, die im BetrVG bereits zwingend festgeschrieben sind.

  • BR-Sitzungen: Wann finden die regelmäßigen BR-Sitzungen statt, wann und wie soll dazu eingeladen werden und in welcher Form? Wann und wie müssen sich BR-Mitglieder abmelden, falls sie verhindert sind? Gibt es feste Tagesordnungspunkte? Wie kann die Tagesordnung verändert oder ergänzt werden? Wer darf an der Sitzung teilnehmen, und wie verhält es sich mit dem Einladen von Gästen?
  • Vertretung: Was passiert, wenn sowohl Vorsitz als auch die Stellvertretung verhindert sind? Eine ausreichende Liste von Stellvertreter*innen sollte festgelegt werden.
  • Sitzungsordnung: Wer hat wann Rederecht? Gibt es eine Redner*innenliste? Ist die Redezeit festgelegt? Wie wird abgestimmt? Gibt es vielleicht Verhaltensregeln für die BR-Sitzung in Bezug auf Redeverhalten, Essen während der Sitzung, Nutzung des Smartphones etc.? Wie sind Pausen geregelt?
  • Was ist unter „laufenden Geschäften“ zu verstehen? Welche Handlungen kann der*die Vorsitzende in alleiniger Verantwortung ausführen, und was unterliegt der Aufsicht und dem Beschluss des gesamten Gremiums?
  • Schriftführung: Wer übernimmt die Schriftführung und Protokollerstellung? Nach welchem System wird protokolliert? Wie werden die Unterlagen des BR sortiert und verwahrt? Wer hat wann Zugriff auf diese Unterlagen?
  • Ausschüsse: Welche Ausschüsse gibt es? Wie setzen sich diese zusammen und welche Aufgaben bearbeiten sie?
  • Wie versteht der Betriebsrat die ihn und seine Mitglieder betreffende Verschwiegenheitspflicht und die Achtung des Datenschutzes bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Gremium? Welche konkreten Maßnahmen werden jeweils unternommen, um beides zu gewährleisten?
  • Integration aller BR-Mitglieder: Wie geht der Betriebsrat mit Mitgliedern verschiedenen Geschlechts und Alters, verschiedener Herkunft, Religion und Muttersprachen um? Was unternimmt der BR, um auch Mitglieder mit Kindern oder Pflegeverpflichtungen, körperlich beeinträchtigte und nicht neurotypische BR-Mitglieder problemlos in die Arbeit des Gremiums zu integrieren? Welche Maßnahmen werden getroffen, um einen Konflikt zwischen regulärer Arbeits- und Betriebsratstätigkeit zu verhindern?

Ganz hervorragend ist es, wenn das Gremium ein eigenes Programm und Selbstverständnis als Betriebsrat entwirft und dieses als Präambel der Geschäftsordnung voranstellt.

Was nebensächlich ist, ist die sprachliche Gestaltung der Geschäftsordnung. Nicht alle Regelungen müssen in juristischer Sprache gefasst sein. Wichtig ist, dass Ihr als Gremium versteht, was Ihr regeln wollt und warum. Wenn Ihr die Möglichkeit habt, ist es sicherlich dennoch hilfreich, Eure fertige Geschäftsordnung einem*r Rechtsanwält*in zu zeigen und mit ihm*ihr zu diskutieren.

[1] Martin Renker: Geschäftsordnung von Betriebs- und Personalräten. Analyse und Handlungsempfehlungen. Frankfurt am Main: 2007. Online abrufbar unter: https://www.boeckler.de/pdf/p_mbf_bvd_go_br_u_personalraeten.pdf

Klausurtagungen – ein MUSS für jeden Betriebsrat!

Die Aufgaben des Betriebsrates sind komplex und vielfältig. Sie umfassen rechtliche, aber auch betriebswirtschaftliche, organisationstheoretische, gesundheitliche und viele andere Aspekte. Der Betriebsrat muss adäquat auf Herausforderungen durch die Arbeitgeberin reagieren und gleichzeitig seine eigene Agenda verfolgen. Zahlreiche sich wiederholende Aufgaben vermischen sich mit langfristig zu planenden Angelegenheiten und eilenden Notfallthemen. Das sind eine Menge Anforderungen. Angesichts dessen ist es unerlässlich, dass der Betriebsrat seine Arbeit strukturiert und systematisch betreibt. Was das für jedes Gremium konkret bedeutet, kann sehr unterschiedlich sein. Doch für die Erarbeitung des individuellen Wegs zu einer strukturierten Arbeitsweise empfehlen wir grundsätzlich das gleiche, hilfreiche Instrument: die Klausurtagung.

 

Was ist eine Klausurtagung?

 

Im Rahmen einer Klausurtagung nimmt sich der Betriebsrat Zeit, um seine bisherige Arbeit zu reflektieren und einen Plan für die kommenden Monate oder die nächste Legislatur zu erstellen. Die laufenden Geschäfte werden für den Moment zurückgestellt, so dass das Gremium genug Ruhe hat, um sich mit den großen Fragen der eigenen Tätigkeit zu beschäftigen. Eine Klausurtagung kann unter anderem für Folgendes genutzt werden:

 

  • Evaluation der bisherigen Arbeit: Was hat im letzten Jahr gut funktioniert? Welche Erfolge konnte der Betriebsrat erzielen? Was hat nicht gut funktioniert und warum? Was kann im nächsten Jahr besser gemacht werden?
  • Festlegen von Themen und Zielsetzungen für einen bestimmten zeitlichen Abschnitt: Womit will sich der Betriebsrat in der kommenden Zeit inhaltlich konkret beschäftigen und was sind seine Ziele? Damit verbunden sind auch: die Definition von Erfolgskriterien, die Verständigung über die Ausrichtung des Gremiums und das Entwickeln gemeinsamer Strategien zur Zielerreichung.
  • Vereinbarung einer sinnvollen Arbeits- und Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums: Wer übernimmt welche Aufgabe? Zu welchen Themen sollten Ausschüsse eingerichtet werden? Wie sollen diese Ausschüsse arbeiten?
  • Klärung eventuell bestehender Konflikte, seien sie persönlicher oder inhaltlicher Art. Die Klausurtagung ist auch ein Ort, an dem sich die Betriebsratsmitglieder besser kennenlernen und als Team zusammenwachsen können.
  • Erarbeiten oder Überarbeiten einer Geschäftsordnung.
  • Integration von Ersatzmitgliedern und anderen Kolleg*innen, die aus unterschiedlichen Gründen vielleicht nur schwer ins Gremium finden.

 

Dem Betriebsrat steht es frei, eine Klausurtagung so zu gestalten, dass sie am ehesten seinen konkreten Anforderungen und Wünschen entspricht und die Arbeit des eigenen Gremiums voranbringt. Es ist auch möglich, sich auf einer Klausurtagung ausschließlich mit einem besonderen inhaltlichen Problem zu beschäftigen, zum Beispiel einer anstehenden Betriebsvereinbarung. In diesem Falle sollten solche Tagungen aber zusätzlich zu den oben genannten generellen Klausurtagungen abgehalten werden.

 

Darf der Betriebsrat überhaupt Klausurtagungen veranstalten?

 

Ja. Im Sinne des Betriebsverfassungsrechtes gibt es für Klausurtagungen des Betriebsrates zwei Modelle:

 

  1. Modell: Eine Klausurtagung kann eine ausgedehnte Betriebsratssitzung sein, auf der sich speziell mit einem oder mehreren der oben genannten Themen befasst wird. Der Betriebsrat bzw. der*die Vorsitzende ist souverän darin, die Tagesordnung und die zeitliche Lage der Betriebsratssitzung festzulegen. Daraus ergibt sich, dass je nach Themenlage und Diskussionsstand eine BR-Sitzung auch mal länger dauern oder sogar über mehrere Tage verteilt werden kann. Die betrieblichen Belange sind zwar zu berücksichtigen, da Klausurtagungen aber nur selten stattfinden, sollte dies kein Problem darstellen.

 

  1. Modell: Der Betriebsrat lässt sich bei seiner Klausurtagung von einer externen Person begleiten. Was spricht dafür? Nun, als Gremium neigt man leicht zur Betriebsblindheit – das ist in jedem geschlossenen Kreis so und vollkommen normal. Der unverstellte Blick einer professionellen, außenstehenden Person kann hier eine große Hilfe sein. Dafür eignen sich Moderator*innen, fachliche und rechtliche Referent*innen oder Mediator*innen. Das LAG Hessen hat zum Beispiel entschieden, dass die Hinzuziehung einer Moderatorin zu einer Klausurtagung erforderlich sein kann und die Kosten dafür von der Arbeitgeberin zu tragen sind, sofern die Kommunikation im Gremium so gestört ist, dass eine Klärung auch von der*dem Vorsitzenden nicht bewältigt werden kann und die Zusammenarbeit im Gremium dadurch beeinträchtigt wird.[1]

 

Der Fitting Kommentar zum BetrVG erkennt an, dass BR-Arbeit so komplex ist, dass der Betriebsrat nicht nur inhaltlich, sondern auch methodisch in der Lage sein muss, anstehende Probleme sachgerecht zu bearbeiten. Deshalb hält er auch Schulungen zum BR-Management für erforderlich, in denen es um die sinnvolle Organisation der BR-Arbeit gehen soll. [2] Eine solche Schulung kann ebenfalls den Zweck einer Klausurtagung erfüllen, wenn sie als Inhouse-Seminar durchgeführt wird.

 

Wann und wo sollen Klausurtagungen stattfinden?

 

In welchem Rhythmus Klausurtagungen abgehalten werden, hängt von den betrieblichen Gegebenheiten ab. Als Orientierung lässt sich aber sagen, dass es sinnvoll ist, einmal jährlich eine Klausurtagung durchzuführen sowie zusätzliche Tagungen bei größeren Veränderungen, wie zum Beispiel einer Betriebsratsneuwahl, einer tiefgreifenden Betriebsänderung oder einem Betriebsübergang.

 

Auch die Länge der Tagungen kann unterschiedlich sein. Um wirklich intensiv an den oben genannten Fragen zu arbeiten, sollte sich das Gremium jedoch mindestens zwei Tage Zeit nehmen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, eine mehrtägige Klausurtagung nicht im Betrieb, sondern an einem externen Tagungsort zu veranstalten. Nach einem Beschluss des LAG Hessen sind die Kosten hierfür von der Arbeitgeberin zu übernehmen. Der ausführlichen Begründung ist nichts hinzuzufügen:

 

Der Charakter einer Klausurtagung verträgt sich nicht mit der Durchführung in den Betriebsräumen, die naturgemäß von dem in der Umgebung herrschenden Arbeitsklima, Kollegenkontakten und nicht auszuschließenden Störungen nicht unberührt bleiben. Eine positive Wirkung von Klausurtagungen besteht darin, dass alle störenden Einflüsse ausgeschaltet sind und sich die Teilnehmer voll konzentrieren können. Sie bietet daher die beste Gelegenheit, einige Grundsatzentscheidungen zu treffen und die Tätigkeit des Gremiums langfristig auszurichten.”[3]

 

Über die Arbeit hinaus kann dann auch die abendliche Freizeit gemeinsam verbracht werden, was dem Zusammenhalt im Gremium sicherlich zugute kommt.

 

Recht und Arbeit unterstützt Euch

 

Recht und Arbeit bietet nach § 37 Abs. 6 BetrVG erforderliche Inhouse-Seminare zum BR-Management an. Wir unterstützen Euch umfassend bei der Organisation Eurer Klausurtagung und empfehlen Euch geeignete Moderator*innen. Auch wenn Ihre keine externe Begleitung hinzuziehen möchtet, beraten wir Euch gern bei der Vorbereitung Eurer Klausurtagung.

 

[1] vgl. LAG Hessen 11.06.2012 16 TaBV 237/11.

[2] vgl. Fitting BetrVG § 37 Rn. 152.

[3] LAG Hessen 9.05.2011, 9 TaBV 196/10.

 

5 Methoden um Ersatzmitglieder besser in die Arbeit des Betriebsrates einzubinden

Ersatzmitglieder sind sehr wichtig. Im Falle des Nachrückens sichern sie sowohl die Arbeits- als auch die Beschlussfähigkeit des Gremiums ab. Wünschenswert ist es natürlich, wenn die Ersatzmitglieder gleich voll in die Arbeit des Betriebsrates einsteigen können und keine Zeit damit verbracht werden muss, die Kolleg*innen erst einmal auf den aktuellen Stand zu bringen.

Die Ersatzmitglieder immer auf dem neusten Stand zu halten, ist aber gar nicht so einfach. Ersatzmitglied zu sein, ist nämlich grundsätzlich kein Status, sondern eine Anwartschaft. Bevor sie nachrücken, sind Ersatzmitglieder normale Arbeitnehmer*innen. Wenn der Betriebsrat sie über die laufenden Geschäfte informiert, muss er deshalb darauf achten, seine Geheimhaltungspflichten aus § 79 und § 99 Abs. 1 BetrVG nicht zu verletzen und die prinzipielle Nichtöffentlichkeit der Betriebsratssitzungen zu berücksichtigen. Viele Arbeitgeber*innen werden sich zudem weigern, Ersatzmitglieder von ihrer Arbeit freizustellen, bevor sie ordentlich in den Betriebsrat nachgerückt sind. Wir zeigen Euch fünf Möglichkeiten, wie Ihr diese Herausforderungen meistert und Eure Ersatzmitglieder sinnvoll in die Arbeit des Betriebsrates einbeziehen könnt.

  1. In den Informationsfluss des Betriebsrates einbinden

Ersatzmitglieder sind keine Betriebsratsmitglieder. Deshalb dürfen sie nicht pauschal jede Information erhalten, die alle Betriebsratsmitglieder bekommen. Im Wesentlichen geht es dabei um personenbezogene Informationen, die der Betriebsrat im Rahmen von Unterrichtungen nach § 99 BetrVG erhält, sowie um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Beides darf der Betriebsrat nicht einfach an Außenstehende weitergeben. Alle anderen Informationen kann der Betriebsrat jedoch zirkulieren lassen, wenn er dies für angebracht hält.

Die*der Schriftführer*in könnte zum Beispiel eine Version des Protokolls erstellen, in der alle sensiblen Informationen geschwärzt sind; so kann es auch an die Ersatzmitglieder verteilt werden. Die Ersatzmitglieder könnten auch in die E-Mail-Verteiler sowie Facebook- oder Messenger-Gruppen aufgenommen werden, sofern dort keine geheimhaltungspflichtigen Informationen geteilt werden.

Ob die Ersatzmitglieder gut eingebunden werden können, hängt auch entscheidend davon ab, ob der Betriebsrat ein gutes Wissensmanagement betreibt: Sind die Protokolle gut und verständlich geschrieben? Sind die Informationen ordentlich und nachvollziehbar abgeheftet und die digitalen Dokumente sorgfältig abgelegt? Ist alles vollständig und leicht auffindbar? Ersatzmitglieder können Euch helfen, Euer Wissensmanagement zu verbessern, indem sie Euch auf bestehende Mängel hinweisen und Verbesserungen anregen.

 

  1. Vorbereitung der Sitzungen ermöglichen

In vielen Gremien wird bei der Organisation der Stellvertretungen von BR-Sitzung zu BR-Sitzung gedacht. Ersatzmitglieder rücken jedoch bereits zu dem Zeitpunkt nach, ab dem bekannt ist, dass das Vollmitglied verhindert sein wird. Das kann also auch schon einige Tage vor der nächsten BR-Sitzung der Fall sein. Das Ersatzmitglied hat dann ausreichend Zeit, um sich auf die Sitzung vorzubereiten und sich aktuelle Informationen anzulesen.

Selbst wenn der Nachrückfall tatsächlich erst zu Beginn einer BR-Sitzung eintreffen sollte, hat das Ersatzmitglied das Recht, sich einen oder zwei Tage vorher bereits auf die BR-Sitzung vorzubereiten (Vorwirkung). Genau wie alle anderen BR-Mitglieder hat auch das Ersatzmitglied einen Rechtsanspruch darauf, gut vorbereitet in die BR-Sitzung zu gehen und sich mit allen Tagesordnungspunkten im Voraus vertraut zu machen.

Weist Eure Ersatzmitglieder auf diese Möglichkeit hin und ermöglicht ihnen den Zugang zu den physischen und digitalen Akten des Betriebsrates jeweils schon im Vorfeld der Sitzungen.

 

  1. Teilnahme an Schulungen

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2014[1] hat ergeben, dass Schulungen neben den Betriebsratssitzungen der wichtigste Raum für Betriebsräte sind, um sich untereinander auszutauschen. Wenn Ersatzmitglieder häufig nachrücken oder die Vertretungsfälle in gewisser Regelmäßigkeit auftreten, haben auch Nachrücker*innen einen Anspruch auf Teilnahme an mindestens den Grundlagenschulungen. Auch nach der Rechtsprechung des BAG können Schulungen für Ersatzmitglieder erforderlich sein, wenn dadurch die Arbeitsfähigkeit des Gremiums gesichert wird.[2] Häufig stimmt auch die Arbeitgeberin der Teilnahme von mehreren Ersatzmitgliedern an Schulungen zu, weil ein späteres Nachschulen meist teurer und organisatorisch schwieriger wäre.

Nutzt diese Chance und nehmt immer so viele Ersatzmitglieder wie möglich mit zu den Schulungen, um Euch dort miteinander auszutauschen und den Schulungsbesuch gemeinsam zu gestalten.

 

  1. Klausurtagungen

Klausurtagungen sind außerordentliche Betriebsratssitzungen. Auf ihnen wird nicht das Tagesgeschäft verhandelt, sondern sie dienen dazu, die allgemeine Planung der kommenden Monate vorzunehmen sowie interne Strategien und Aufgabenverteilungen festzulegen. Dies betrifft auch die Ersatzmitglieder, sofern sie nicht ganz weit hinten auf der entsprechenden Liste stehen und nicht damit zu rechnen ist, dass sie in den nächsten Monaten nachrücken werden. Auf einer Klausurtagung sollten keine personellen Einzelmaßnahmen besprochen werden, und auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse müssen in diesem Rahmen meist nicht erörtert werden. Daher ist es unproblematisch, die Ersatzmitglieder als Gäste zu den Klausurtagungen des Betriebsrates zu laden. Auch die Arbeitgeberin wird einer Freistellung gegenüber offener sein, da es sich nur um wenige Termine in der Amtszeit handelt.

Alternativ könnt Ihr auch eine Klausurtagung oder einen Tagesordnungspunkt speziell für die Ersatzmitglieder organisieren und mit ihnen Wege einer besseren Zusammenarbeit und die Möglichkeiten aus den anderen hier genannten vier Punkten besprechen.

 

  1. Mitarbeit in der Betriebsgruppe

Existiert bei Euch im Betrieb eine gewerkschaftliche Betriebsgruppe oder ein Vertrauenskörper? Falls ja, dann ist es sinnvoll und wünschenswert, dass Ersatzmitglieder sich dort engagieren. So kann die Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und Gewerkschaft noch enger gestaltet werden. In Betrieben mit geringem gewerkschaftlichen Organisationsgrad übernehmen besonders aktive Betriebsratsmitglieder häufig beide Posten ­– doch diese Doppelbelastung ist selbst für den*die engagierteste*n Kolleg*in meist zu viel.

Wenn bei Euch keine Betriebsgruppe existiert, besprecht mit der bei Euch vertretenen Gewerkschaft, wie ihr eine solche gemeinsam etablieren könnt. Denn der Betriebsrat kann von einer starken gewerkschaftlichen Präsenz im Betrieb nur profitieren.

[1] https://www.boeckler.de/hbs_showpicture.htm?id=46197&chunk=1.

[2] BAG 15.5.1986, AP Nr. 53 zu § 37 BetrVG 1972 und BAG 19.9.2001 – 7 ABR 32/00.

Student*innen als Betriebsratsmitglieder und ihr Status in der gesetzlichen Krankenversicherung

Nach den Zahlen der 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks arbeitet immer noch eine hohe Zahl von Student*innen, nämlich mittlerweile ganze 68% nebenbei, um sich ihr Studium ganz oder teilweise zu finanzieren. Der deutsche Staat unterstützt solche Finanzierungsmodelle indem er Student*innen von der Arbeitslosenversicherungs-, der Pflegeversicherungs- und auch der Krankenversicherungspflicht (letzteres § 6 SGB V) befreit hat. Als Arbeitnehmer*innen müssen Student*innen also weniger Sozialabgaben zahlen und auch die Arbeitgeber*in hat bei ihnen weniger Lohnnebenkosten.

Um nun aber in den Genuss dieses Vorteils zu kommen, reicht es nicht aus, einfach nur an einer Hochschule immatrikuliert zu sein, man muss auch „dem Erscheinungsbild nach“ ein*e Student*in sein. So zumindest formulierte es das Bundessozialgericht (BSG) in seinem abschließenden Urteil in dieser Sache im Jahr 2003 (Urteil vom 11. 11. 2003 – B 12 KR 24/03 R). Das bedeutet, man muss nicht nur eingeschrieben sein, sondern auch wirklich studieren. Das pragmatische Kriterium des BSG ist, dass man maximal 20 Stunden in der Woche arbeiten darf und den Rest der Zeit für sein Studium aufwenden muss. Liegt die Arbeitszeit aber zum Beispiel in den Abend- und Nachtstunden oder in den Semesterferien, so müssen diese 20h/Woche nicht so streng beachtet werden. Hieran erkennt man schon, dass es dem Gericht daran gelegen war eine praxisnahe Regelung zu finden und die Versicherungsfreiheit nur dann abzuerkennen, wenn der Umfang der Tätigkeit es gar nicht mehr zulässt tagsüber Seminare und Vorlesungen zu besuchen und man eigentlich keinem geregelten Studium mehr nachgeht.

Was ist nun aber, wenn eine Studentin in ihrem Betrieb in den Betriebsrat gewählt wird und aufgrund von Betriebsratstätigkeit eine Arbeitszeit von 20h in der Woche übersteigt? Diese Frage erreicht uns als Seminaranbieter natürlich immer wieder im Zusammenhang mit dem Besuch von Seminaren die ja oft eine gesamte Vollzeitwoche beanspruchen. Unserer Kenntnis nach gibt es zu dieser Frage bisher kein gerichtliches Urteil. Wir haben deswegen die großen Krankenversicherungsträger in Deutschland befragt. Sie haben uns einhellig bestätigt, dass es sich bei Betriebsratstätigkeit um einen Ausnahmefall handelt, der keinen Einfluss auf die Versicherungsfreiheit von Student*innen hat. Entscheidend ist hier das zu Grunde liegende Arbeitsverhältnis. Betriebsratstätigkeit ist ein Ehrenamt. Betriebsratsarbeit wird deswegen zwar wie Arbeitszeit vergütet, ist aber keine im engeren Sinne. Im Übrigen gelten für teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder ja auch die Regelung des § 37 Abs. 3 BetrVG, wonach solchen BR-Mitgliedern ein Freizeitanspruch entsteht, wenn sie BR-Tätigkeit außerhalb ihrer regulären Arbeitszeit geleistet haben.

Prinzipiell ist es so, dass es die Pflicht der Arbeitgeber*in ist, die Einhaltung der Sozialversicherungspflicht im Betrieb zu überwachen und die entsprechenden Beiträge an die Träger abzuführen. Ihr als Betriebsratsmitglieder müsst Euch um diese Sachlage erst einmal keine Gedanken machen. Ihr müsst auch selbst keine Anzeige bei Eurer Krankenkasse machen oder ähnliches. Wäre die Arbeitgeber*in der Meinung, dass keine Versicherungsfreiheit mehr besteht, so müsste sie dies selbst bei der Krankenkasse anzeige. Das würde allerdings bedeuten, dass für die Arbeitgeber*in selbst die Lohnnebenkosten steigen würden. Dies ist vielleicht auch der Grund, warum uns die Krankenkassen berichteten, dass sie bis jetzt noch von keiner derartigen Anzeige gehört hätten.

Neben vielen anderen Gesetzen und Verordnungen haben die Arbeitgeber*innen vor allem auf die korrekte Abfuhr der Sozialabgaben zu achten. Nicht selten nutzen sie diese Pflicht jedoch, um Arbeitnehmer*innen und Betriebsräte mit zweifelhaften Forderungen zu begegnen die auf unklarem oder falschem Verständnis der Gesetzes- und Sachlage basieren. Auch im Falle des Datenschutzes begegnet uns dies immer wieder. Bitte lasst Euch davon nicht irritieren. Prüft die Sachen lieber selbst oder lasst sie von jemandem prüfen. Obwohl es von ihnen erwartet werden kann, sind die meisten Arbeitgeber*innen und Personalabteilungen nicht mit allen gesetzlichen Regelungen wirklich gut vertraut.

Wenn Ihr aber ganz konkret das Problem habt, ein Seminar bei uns besuchen zu wollen, in der fraglichen Woche aber zum Beispiel auch eine Uni-Veranstaltung oder eine Prüfung habt, dann meldet Euch einfach bei uns und wir finden eine Lösung.

Die fünf häufigsten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstandes

Die Betriebsratswahlen 2018 stehen vor der Tür. An den Betriebsräten ist es nun die Wahlvorstände zu bestellen, die die Betriebsratswahlen organisieren sollen. Eigentlich ein einfacher Vorgang, aber es passieren dabei doch trotzdem immer kleinere und größere Fehler. Wir haben die fünf häufigsten für Euch zusammengestellt, so dass Ihr sie bei der Bestellung Eures Wahlvorstandes vermeiden könnt.

1.Der Wahlvorstand wird zu spät bestellt

Nach § 16 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat den Wahlvorstand spätestens zehn Wochen vor Ende seiner Amtszeit zu bestellen. Das bedeutet, dass der Wahlvorstand dann vier Wochen Zeit hätte, bevor er spätestens das Wahlausschreiben erlassen muss. In dieser Zeit muss sich das Gremium organisieren, eine entsprechende Schulung besuchen und die Zuarbeit der Arbeitgeberin bei der Erstellung der Wählerliste einfordern. Gerade letzteres nimmt oft viel Zeit in Anspruch, weil immer wieder Informationen fehlen und nachträglich angefordert werden müssen.

Es spricht nichts dagegen den Wahlvorstand wesentlich früher zu bestellen, um ihm genug Zeit für alle Vorbereitungen zu geben. Wir empfehlen mindestens drei Monate vor Ende der Amtszeit. In größeren Betrieben, oder solchen mit komplizierten Strukturen sind vier bis fünf Monate sicherlich angebracht.

 

2. Es wird kein Vorsitz benannt

Der Betriebsrat hat den Vorsitzenden des Wahlvorstandes selbst zu bestellen. Häufig wird dies nicht gemacht und es dem Wahlvorstand selber überlassen, den Vorsitz aus seinen eigenen Reihen zu wählen. Ein Vorgang, der vermutlich nicht gleich zur Wahlanfechtung führen wird, aber korrekt ist er sicherlich nicht. Wer sollte denn zur Wahlvorstandssitzung einladen auf der der Vorsitz gewählt werden soll? Und wer sollte die Tagesordnung festlegen? Ohne Vorsitz ist der Wahlvorstand nicht arbeitsfähig, deswegen muss der Betriebsrat bei der Bestellung auch den Vorsitz festlegen. Natürlich spricht nichts dagegen, dass der Betriebsrat sich vorher mit den Kolleg*innen, die den Wahlvorstand bilden sollen berät und abfragt, wer dieses Amt gerne übernehmen möchte.

 

3. Der Wahlvorstand besteht aus zu wenigen Mitgliedern

Ein Wahlvorstand besteht aus drei Mitgliedern, soviel scheint klar zu sein. Oft wird jedoch übersehen, dass im normalen Wahlverfahren (nicht jedoch im vereinfachten Verfahren!) der Betriebsrat auch einen größeren Wahlvorstand bestellen kann. Gerade in großen Betrieben, oder solchen mit vielen, räumlich voneinander getrennten Betriebsteilen ist es jedoch von Vorteil, wenn es mehr Wahlvorstandsmitglieder gibt. In diesen Konstellationen sollte in jedem Fall von der Möglichkeit eines größeren Wahlvorstandsgremiums Gebrauch gemacht werden. Natürlich muss das Gremium immer eine ungerade Zahl von Mitgliedern aufweisen.

Man sollte es mit der Größe des Wahlvorstandes aber auch nicht übertreiben. Je mehr Mitglieder, desto mehr Meinungen und desto umfassender werden die Diskussion im Gremium. Zu viele Mitglieder können sich auch lähmenden auf die Arbeit des Wahlvorstands auswirken. Deswegen sollte der Betriebsrat genau abwägen, wie viele Mitglieder der Wahlvorstand umfassen sollte.

 

4. Ein falsches Nachrückverfahren wird angenommen

Die Mitglieder des Wahlvorstands werden nach einem anderen System vertreten, als dies beim Betriebsrat der Fall ist. Das Nachrücken beim Betriebsrat erfolgt entlang einer Liste, deren Reihenfolge durch das Wahlergebnis bestimmt wird. Da der Wahlvorstand hier nicht gewählt, sondern bestellt wurde, gibt es keine solche Liste. § 16 Abs. 1 BetrVG regelt stattdessen, dass für jedes einzelne Wahlvorstandsmitglied ein bestimmtes Ersatzmitglied benannt wird. Klaus kann dann also nur von Ayşe vertreten werden und Stefania nur von Pawel, usw. Der Betriebsrat kann auch ein anderes Nachrückverfahren festlegen, dann muss er dies in seinem Beschluss aber eindeutig bestimmen und dem Wahlvorstand mitteilen. Ein falsches Nachrücken führt ansonsten ggf. zu ungültigen Beschlüssen des Wahlvorstands.

 

5. Der Wahlvorstand wird ungünstig zusammengesetzt

Wie der Wahlvorstand in Eurem Betrieb zusammengesetzt werden sollte, wisst Ihr selbst am besten. Wichtig ist es nur, auch hier eine bewusste Entscheidung zu fällen und nicht unbedingt die drei ersten Kolleg*innen zu nehmen, die sich anbieten (natürlich wissen wir, dass oft die drei ersten Kolleg*innen, auch die einzigen Kolleg*innen sind und der Betriebsrat gar keine richtige Wahl hat).

Das BetrVG empfiehlt, dass sowohl Frauen als auch Männer im Wahlvorstand vertreten sein sollen. Das ist keine Pflicht, wäre aber natürlich wünschenswert. Genauso wie, dass sich verschiedene Abteilungen oder Arbeitnehmer*innegruppen im Gremium wiederfinden. Natürlich wäre es auch ratsam, dass nicht unbedingt nur aktive Betriebsratsmitglieder den Wahlvorstand bilden sollten. Die Doppelbelastung sollte man nicht unterschätzen und der Wahlvorstand ist ja auch eine gute Gelegenheit, um neue Kolleg*innen an die Mitbestimmungsarbeit heranzuführen. Gerade in schwierigen Konstellationen kann es aber hilfreich sein, wenn eine gremienerfahrene Person im Wahlvorstand die anderen unterstützen kann.

 

Wir wünschen viel Erfolg bei der Bestellung Eures eigenen Wahlvorstandes!