Mitbestimmung in der “Corona-Krise”

Wir haben eine kommentierte Linkliste zu allen Fragen im Zusammenhang mit der aktuellen “Corona-Krise” zusammengestellt. Wir erweitern und aktualisieren diese Liste ständig, so dass Ihr Euch hier möglichst umfassend informieren könnt.

 

Allgemeine Informationen über die aktuelle Lage:

Corona-Steckbrief des Robert-Koch-Instituts (RKI)

Das RKI ist die oberste Bundesbehörde zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten und damit erste Anlaufstelle für alle Informationen zum neuartigen Coronavirus. Hier finden sich alle offiziellen Daten zu Fallzahlen, Risikogebieten und empfohlenen Maßnahmen.

Infektionsschutz.de

Infektionsschutz.de ist eine Seite der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Während das RKI vor allem auch Informationen für medizinisches Fachpersonal zur Verfügung stellt, richtet sich die BZgA an die Allgemeinbevölkerung. Die Informationen sind einfacher geschrieben und durch Grafiken und Filme ergänzt.

Häufige Fragen zu Coronaschutz am Arbeitsplatz

Das Bundesamt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat ein FAQ zu den häufigsten Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus und dem betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz veröffentlicht.

Das Corona-Virus Update mit Christian Drosten

Der Leiter des Instituts für Virologie der Charite Berlin und Entwickler des SARS-CoV-2-Tests informiert in einem halbstündigen Podcast sachkundig und ausgewogen über die aktuelle Lage und die wichtigsten virulogischen Hintergrüden. Ältere Folgen können nachgehört oder nachgelesen werden.

New York Times Updates

Die New York Times hatte alle Artikel zum Coronavirus frei zur Verfügung gestellt. Ihr müsst Euch nur einen kostenlosen Account erstellen. Die Artikel sind auf englisch und berichten vor allem über die amerikanishe und weltweite Lage der Pandemie.

Goverment Response Tracker

Die University of Oxford vergleicht die Reaktion der Regierungen auf die Corona-Krise in einer ständig aktualisierten Übersicht und anhand das “Stringenz-Indexes”. Die Informationen sind alle auf englisch.

 

Rechtlicher Hintergrund:

Lex Corona

Auf dem Wiki Lex Corona werden alle Rechtsakte (Gestze, Verordnungen, Allgemeinverfügungen) gesammelt, die im Zusammhang mit der Corona-Krise erlassen wurden. Ihr findet dort auch jeweils den Link zum Volltext. Es handelt sich um ein privates Projekt dreier Rechtswissenschaftler.

Infektionsschutzgesetz (IfSG)

Das IfSG liefert die Basis für das staatliche Handeln im Falle von Epidemien. Hier werden zum Beispiel die Möglichkeit von Quarantäne und Tätigkeitsverboten geregelt.

Corona-Krise und Grundrechte

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte stellt ein FAQ zur Verfügung, indem vor allem auf das Verhältnis der Corona-Maßnahmen zu den Grundrechten eingegangen wird. Das FAQ wird ständig aktualisiert.

Die Berliner Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus

Die Verordnung regelt das Verbot bzw. die Einschränkung von Gaststätten, Gewerbebetrieben, Veranstaltungen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sowie Kitas und Schulen und die so genannte “Kontaktsperre”. Andere Bundesländer haben vergleichbare Regelungen getroffen.

Verordnung zur Abweichung vom Arbeitszeitgesetz

Seit dem 10. April ist eine Verordnung in Kraft, die für Beschäftigte der kritischen Infrakstruktur eine Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf 12 h und eine Verringerung der Ruhezeit auf 9 h ermöglicht. Die Sonn- und Feiertagsruhe ist aufgehoben. Die Verordnung ist bis zum 31. Juli 2020 in Kraft.

 

Arbeitsrechtliches:

Fragen und Antworten vom DGB Rechtschutz

Der DGB Rechtsschutz hat auf seiner Schwerpunktseite eine ganze Reihe von Fragen zum Arbeitsrecht in der Corono-Krise gesammmelt. Sie werden ständig aktualisiert und ergänzt.

Krankschreibung per Telefon

Information der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Möglichkeit bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege ein Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Telefon auszustellen. Stand 09.03.2020

Betriebsrats-Update der Kanzlei BGHP

Die Rechtsanwältin Sirkka Schrader erläutert in Kürze die drängendsten individualarbeitsrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit dem Coronavirus. Stand 11.03.2020

7 Fragen zum Coronavirus im Betrieb

Wolfgang Däubler erläutert einige Fragen im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Stand 06.03.2020

“Pragmatische Lösungen für Lohnsicherung”

Eine gemeinsame Erklärung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, des DGB und der Deutschen Arbeitgeberverbände ruft die Arbeitgeber dazu auf pragmatische Lösungen zu treffen, damit Arbeitnehmer*innen, die aufgrund von Schul- und Kitaschließungen nicht zur Arbeit kommen können ihren Entgeltanspruch nicht verlieren.

Beschlussfassung per Videokonferenz?

Hubertus Heil hat ein Statement veröffentlicht, wonach seiner Meinung nach BR-Beschlüsse aktuell wirksam auf Videkonferenzen gefasst werden können. Es handelt sich wohlgemerkt nur um eine Statement, keine Verordnung oder gar eine Änderung des BetrVG.

Jobbsuche währed der Kurzarbeit

Das Jobcenter-Berlin hat eine Sonderjobbörse gestartet. Wer während der Kurzarbeit eine andere Stelle in einem systemrelevanten Bereich annimmt, muss den dort verdienten Lohn bis zum 31. Oktober nicht auf das Kurzarbeitergeld anrechnen lassen.

 

Pandemieplanung im Betrieb:

Die Arbeitgeber sind verpflichtet entsprechend § 5 ArbSchG eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. In Zeiten von Corona kommt ihre besondere Bedeutung zu. Durch SARS-nCov-2 kommt eine neue Gefährdung hinzu und die Gefährdungsbeurteilung sind um das Ziel der Infektionsprophylaxe zu eweitern.

 

Einheitliche Arbeitsschutzstandards

Das Bundesministerium für Arbeit hat am 16. April eine Liste von einheitlichen Arbeitsschutzstandards für die Corona-Zeit veröffentlich. Ob sie ausreichen ist fraglich, aber sie sollten von Arbeitgebern und Betriebsräten unbedingt zur Kenntniss genommen werden.

Die Berufsgenossenschaften und andere Stellen haben jeweils Tipps und Hinweise für die Erstellung von Pandemieplänen veröffentlicht:

Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV)

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

Berufsgenossenschaft Bau (BG Bau)

Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel  und Gastgewerbe (BGN)

Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM)

Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM)

Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.

 

Whistleblowing zu Gesundheitsschutz und Corona

Auf dem Blog corona@work werden Berichte von mangelhaftem Gesundheits- und Infektionsschutz in verschiedenen Ländern und Branchen gesammelt.

Handbuch betriebliche Pandemieplanung

Das vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Herausgegebene Handbuch betriebliche Pandemieplanung stammt aus dem Jahr 2010 und wurde im Zusammenhang mit der damals aktuellen H1Ni-Epidemie, der so genannten Schweinegrippe erstellt. Es muss also entsprechend angepasst werden, um der Gefährdung durch den neuen Erreger SARS-nCoV-19 gerecht zu werden.

Mitbestimmung bei der Pandemieplanung

Eberhard Kiesche erläutert ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Pandemieplanung. Der Beitrag aus der Reihe zu Betriebsvereinbarungen der Hans-Böckler-Stiftung stammt aus dem Jahr 2009 ist aber grundsätzlich noch anwendbar.

 

Kurzarbeit:

Pressemitteilung des Bundesamtes für Arbeit zum Arbeit-von-Morgen-Gesetz

Das Arbeit-von-Morgen-Gesetz soll den Bezug von Kurzarbeitergeld vereinfache. Stand 10.03.2020

Beantragung von Kurzarbeitergeld

Die offizielle Seite der Bundesagentur für Arbeit zum Kurzarbeitergeld. Die neue Rechtslage des Arbeit-von-Morgen-Gesetzes wird nach und nach ergänzt.

Häufige Fragen zur Kurzarbeit

Ein sehr ausführliches und aktuelles FAQ zur Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der Webseite von juris.de.

§§ 95 bis 111a SGB III

Im Sozialgesetzbuch sind Anspruch, Dauer und Höhe des Kurzarbeitergeldes geregelt.

 

Home-Office:

Themenseite der INQA zu Homeoffice:

Die Initiative Neue Qualität der Arbeit hat dem Thema Homeoffice eine ganze Seite mit vielen Links gewidmet.

Arbeitsrechtliche Fragen zum Homeoffice

Ein Fragenkatalog von Wolfgang Däubler beantwortet

Gesundheit, Gestaltung und Recht bei der Telearbeit

Kurzer Ratgeber der gesetzlichen Unfallversicherung zur gesundheitsgerechten Ausgestaltung der Arbeit im Home Office

Homeoffice-Guide

Das Digital-Magazin t3n hat einen Homeoffice-Guide zum kostenlosen Download bereitgestellt. Zwar werden arbeitsrechtliche Fragen nicht ausführlich betrachtet, aber Hinweise zur Ergonomie, zu Softwarelösungen und zum Zeitmanagement.

 

Wirtschaftliche Existenz des Betriebes

Liquiditätshilfen für Berliner Unternehmen

Bei der Investitionsbank Berlin können kleine und mittlere Unternehmen ab sofort Anträge auf Liquiditätshilfen stellen. In anderen Bundesländern laufen ähnliche Programme.

 

Literatur:

verschiedene Verlage bieten während der Corona-Zeit ihre Inhalte kostenlos im Internet an. So kann zum Beispiel die Zeitschrift Arbeitsrecht im Betrieb bis zum 31.05. kostenlos gelesen werden.

 

 

Büropersonal auch für kleine und mittlere Betriebsräte? – Eine Frage der Erforderlichkeit

Welche Betriebsräte haben Anspruch auf Büropersonal?

Zusätzliches Personal, das dem Betriebsrat anfallende Schreibarbeiten abnimmt, ist im Wesentlichen etwas für große Gremien in Unternehmen mit hunderten, wenn nicht tausenden von Beschäftigten. Manchmal findet man auch die Faustregel, dass ein Anspruch prinzipiell ab 11 BR-Mitgliedern bestünde.[1] Das ist falsch. Denn, wie bei allen Sachmitteln, kommt es auch hier allein auf die Erforderlichkeit an: „Entscheidend ist der tatsächliche Arbeitsanfall“.[2] Gremiengröße und Anzahl der Arbeitnehmer*innen im Betrieb sind nur ein erster Hinweis. Die gegenwärtige Arbeitswelt zeigt immer wieder, dass die einfache Rechnung, von der das Betriebsverfassungsgesetz in § 9 (Zahl der Betriebsratsmitglieder) und § 38 (Freistellungen) ausgeht, in der Praxis nicht mehr aufgeht. Die Anzahl der Beschäftigten ist nicht automatisch ausschlaggebend für den Arbeitsanfall eines BR-Gremiums. Die Arbeit moderner Betriebsräte ist vielfältig und je nach Unternehmensorganisation unterschiedlich gelagert. Vergleichsweise kleine Betriebe, mit einem komplexen Aufbau, können für Betriebsräte eine größere Herausforderung darstellen als große Unternehmen mit eher konservativen Strukturen. Hohe Personalfluktuation, häufige Betriebsänderungen, viele ausländische Arbeitnehmer*innen, mehrere Betriebsteile, große Streuung an verschiedenen Tätigkeiten und eine fehlende Tarifbindung haben nichts mit der Beschäftigtenzahl zu tun, bedeuten für das BR-Gremium aber meist einen höheren zeitlichen Aufwand.

Es ist also für alle Gremien, egal welcher Größe, zu empfehlen, für sich zu prüfen, ob die Bestellung von zusätzlichem Büropersonal erforderlich und sinnvoll sein könnte. Dies um so mehr, als Personal nicht zwingend im Umfang einer Vollzeitstelle, sondern auch in kleineren Stundenkontingenten zur Verfügung gestellt werden kann.

 

Welche Aufgaben können Bürokräfte für den Betriebsrat übernehmen?

Bürokräfte können vom BR für verschiedenste Tätigkeiten eingesetzt werden. Neben klassischen Schreib- und Sekretariatsaufgaben können sie auch organisatorische Arbeiten im Rahmen des Gremiums erledigen: Verfassen von Korrespondenzen und Protokollen, Überwachen des Posteingangs und Führen des Terminkalenders, Verteilen und Weiterleiten von Informationen unter den Gremienmitgliedern, Sicherstellen der telefonischen Erreichbarkeit des Gremiums sowie Führen und Organisieren der Büroablage.[3] Denkbar ist auch eine Unterstützung bei der IT-Administration oder anderen technischen Aufgaben.[4]

Schon seit längerer Zeit[5] gibt es überdies die Entwicklung, dass sich Betriebsräte Stabsstellen einrichten und Büropersonal auch für inhaltliche Aufgaben und Öffentlichkeitsarbeit heranziehen. Selbstverständlich sind es weiterhin die gewählten Gremienmitglieder, die die Entscheidungen in mitbestimmungsrelevanten Tatbeständen fällen, aber wissenschaftliche oder juristische Referent*innen können sie dabei beraten und ihnen zuarbeiten.[6]

Ein Anspruch auf inhaltliche Unterstützung bei der BR-Arbeit könnte neben § 40 (Kosten und Sachaufwand) auch aus § 80 Abs. 2 (sachkundige Arbeitnehmer*innen) oder § 80 Abs. 3 (Sachverständige) begründet werden.

 

Wie ist die arbeitsrechtliche Situation der Bürokräfte?

Der Betriebsrat selbst kann keine Arbeitnehmer*innen anstellen. Diese müssen also einen Arbeitsvertrag mit dem*der Arbeitgeber*in abschließen und diese*r muss sie dem Betriebsrat zur Verfügung stellen. Der Betriebsrat hat jedoch ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Person.[7] Er muss keine Person als Bürokraft akzeptieren, zu der er kein Vertrauensverhältnis hat.[8]

Dem Betriebsrat wird das Weisungsrecht gegenüber den Bürokräften übertragen.[9] Er kann also autonom darüber entscheiden, welche Aufgaben er ihnen jeweils zuweist. Gleichzeitig bleiben sie Arbeitnehmer*innen des Betriebes. Aus dieser Doppelrolle können manchmal problematische Fragen entstehen, zum Beispiel: Genießt das Büropersonal dieselben Schutzrechte wie die Vollmitglieder des Betriebsrates? Muss der*die Arbeitgeber*in auch für das Büropersonal die anfallenden Sachkosten zwingend übernehmen? Dürfen die Referent*innen bei der Beschlussfassung des Betriebsrates anwesend sein? Diese Themen sollten nach Möglichkeit im Vorfeld zwischen Arbeitgeber*in und Betriebsrat bzw. im Rahmen der Geschäftsordnung des Betriebsrates eindeutig geklärt werden, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.

 

Wie kommt der Betriebsrat zu einer Bürokraft?

Wie auch bei den Sachmitteln hat der*die Arbeitgeber*in dem Betriebsrat Büropersonal zur Verfügung zu stellen, sofern dieser die Erforderlichkeit geprüft und im Ergebnis beschlossen hat. Bei seinem Beschluss hat der Betriebsrat aber nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch das Interesse der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des BR-Amtes sowie die Interessen des*der Arbeitgebers*in zu berücksichtigen. Der BR muss anhand der konkreten betrieblichen Verhältnisse seine Aufgabenstellungen und seinen damit zusammenhängenden Arbeitsanfall beurteilen.

Es ist deswegen zu empfehlen, dass sich der Betriebsrat genau überlegt, welche Aufgaben er auf eine Bürokraft begründet übertragen möchte und welchen zeitlichen Umfang diese Aufgaben jeweils einnehmen. Er entwirft damit auch gleichzeitig ein Stellenprofil. Wichtig ist, dass die Liste der Aufgaben nur solche umfasst, die auch per Gesetz dem Betriebsrat obliegen. Weder die Planung des Sommerfestes, noch Aufgaben für andere Gremien, wie den Wirtschaftsausschuss oder den Gesamtbetriebsrat, sind zulässig. Außerdem sollte der Betriebsrat in der Lage sein zu erläutern, wie er die betrieblichen Verhältnisse, die Fähigkeiten seiner Mitglieder und die wirtschaftliche Situation des Betriebes in seine Entscheidung einbezogen hat.

 

Büropersonal kann auch in kleinen und mittleren Unternehmen eine professionelle Unterstützung für Betriebsratsgremien sein. Sinnvoll eingesetzte Bürokräfte helfen dem Gremium dabei, sich auf die Kernaufgaben seines Amtes zu konzentrieren. Bestimmte Aufgaben bei einer Bürokraft zu bündeln, kann aufgrund eines besseren Work-Flows unter Umständen sogar Kosten im Gegensatz zur Freistellung von BR-Mitgliedern sparen. Darüber hinaus bietet Büropersonal die Möglichkeit, noch mehr engagierte Kolleg*innen in die Arbeit des Gremiums zu integrieren und zu verhindern, dass sich einzelne BR-Mitglieder zwischen Arbeits-, Amts-

[1] Böker, Karl-Hermann: Organisation von Betriebs- und Personalräten. Bund-Verlag: 2009. S. 40.

[2] Vgl. Fitting BetrVG § 40 BetrVG, RN 135. Das LAG Baden-Württemberg hatte in einem

Urt. v. 25.11.1987, Az.: 2 TaBV 3/87 einem 15-köpfigen Gremium pauschal eine Vollzeit-Bürokraft zugesprochen.

[3] Diese Beispiele stammen aus: Hessisches LAG, Beschluss vom 19.02.2008 – 4 TaBV 147/07.

[4] Vgl. Däubler BetrVG § 40, RN. 197.

[5] Kübler, Ingo: Stabsmitarbeiter und Referenten betrieblicher Interessenvertretungen. Düsseldorf: 2006. https://www.boeckler.de/pdf/p_edition_hbs_174.pdf

[6] Siehe BAG Beschl. v. 19.06.2012, Az.: 1 ABR 19/11, Rn. 27 und BAG

Beschl. v. 20.04.2005, Az.: 7 ABR 14/04, Rn. 12.

Die Hans-Böckler-Stiftung hat in ihrem Mitbestimmungsportal Umfrageergebnisse zu den vielfältigen Aufgaben von Assistent*innen des Betriebsrates veröffentlicht, https://www.mitbestimmung.de/html/vielfalt-der-rollen-und-aufgaben-6078.html

[7] Vgl. Fitting BetrVG § 40, RN. 136.

[8] Vgl. BAG Beschl. v. 05.03.1997, Az.: 7 ABR 3/96.

[9] Vgl. GK-BetrVG § 40, RN. 204.

 

Ausländer*innen in die Gremien!

Am 24. September wurde in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Laut Bundeswahlleiter hatten 61,5 Millionen Menschen an diesem Tag das aktive Wahlrecht. Nach letzten Daten leben in Deutschland jedoch 80,6 Millionen Menschen. Was ist also mit den über 19 Millionen Menschen, die hier leben, aber nicht wählen durften? Die größte Gruppe unter Ihnen bilden die unter 18-Jährigen. Aber auch Menschen, die einen gesetzlichen Betreuer in allen Angelegenheiten haben, dürfen nicht mehr wählen. In seltenen Fällen kann jemandem auch aufgrund einer Straftat das Wahlrecht entzogen werden.

Der Blog wahllos.de schätzt jedoch, dass es auch 6,4 Millionen Nicht-EU-Ausländer*innen in Deutschland gibt.[1] Sie dürfen nicht wählen, weil sie keine deutsche Staatsangehörigkeit haben. Die allermeisten von ihnen leben dauerhaft in Deutschland, haben ihren Lebensmittelpunkt hier, arbeiten, zahlen Steuern und nehmen auch sonst am gesellschaftlichen Leben teil. Aufgrund der Kopplung des Wahlrechts an die Staatsangehörigkeit dürfen sie jedoch nicht mitentscheiden, welche Parteien in den nächsten Jahren im Bundestag vertreten sein werden und welche Ausgaben mit den geleisteten Steuern getätigt werden.

In der Geschichte der BRD waren immer nur 68% bis 76% der Bevölkerung auch tatsächlich wahlberechtigt[2] und bei jeder Wahl verzichten 10% bis fast 30% der Wahlberechtigten auf die Ausübung dieses Rechts und gehen nicht zur Wahl. Dennoch ist es ein Problem für eine Demokratie, wenn sie so vielen Menschen strukturell die Partizipation verweigert. Wenn eine Demokratie sich als Demokratie ernst nimmt, dann kann man das so genannte „Wahlvolk“ nicht einfach auf den abstrakten Begriff der Staatsangehörigkeit reduzieren, sondern muss alle Menschen beteiligen, die hier leben.

Das Wahlrecht wird sich aber so schnell nicht ändern. Dafür ist der politische Mainstream immer noch zu sehr der Meinung, das Wahlrecht müsse man sich verdienen und nur ein „echter“ Deutscher, also einer mit Staatsangehörigkeit, dürfe auch wählen gehen. Die ehemalige rot-grüne-Regierung in Nordrhein-Westfalen wollte ein Ausländer*innenwahlrecht, zumindest für Kommunalwahlen festlegen, war damit aber vor kurzem erst gescheitert.[3]

Wenn man aber an andere Partizipationsmöglichkeiten denkt, dann fällt auf, dass das Betriebsverfassungsrecht in Deutschland lebende Ausländer*innen nicht in der Weise diskriminiert, wie es das Bundeswahlgesetz tut. Bei Betriebsratswahlen ist weder das aktive, noch das passive Wahlrecht die Staatsbürgerschaft gekoppelt. Für das Betriebsverfassungsrecht ist es egal, wo jemand herkommt, wichtig ist nur, dass er*sie Arbeitnehmer*in im Betrieb bist. Es gibt sogar einige Regelungen, die Ausländer*innen die Ausübung ihrer Beteiligungsrechte erleichtern sollen, zum Beispiel die Pflicht der Arbeitgeber*innen die Kosten für  Übersetzungen und Dolmetscher*innen für nicht-deutsch-Muttersprachler*innen zu tragen (§ 40 BetrVG), oder die Pflicht des Wahlvorstandes Arbeitnehmer*innen, die der deutsche Sprache nicht mächtig sind über das gesamte Wahlverfahren in geeigneter Weise und ggf. sogar in ihrer Muttersprache vorab zu informieren (§ 2 Abs. 5 WO) oder auch das allgemeine Diskriminierungsverbot in § 75 BetrVG. Der Betriebsrat hat nach § 80 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG die Aufgabe die Integration ausländischer Arbeitnehmer*innen im Betrieb zu fördern. Dazu muss auch die Integration in die betrieblichen Interessenvertretungsgremien gehören.

In Deutschland lebende Ausländer*innen sollten deswegen dazu eingeladen werden sich in Betriebsversammlungen, bei den Betriebsratswahlen, im Wahlvorstand und im Betriebsrat aktiv an der Betriebspolitik zu beteiligen. Es handelt sich um Kolleg*innen, denen durch das Betriebsverfassungsrecht die Möglichkeit der aktiven Partizipation und Einflussnahme auf ihre täglichen Lebensbedingungen gegeben wird. Eine Möglichkeit, die ihnen das Bundeswahlgesetz leider immer noch verwehrt.

René Kluge, ehem. BR-Vorsitzender Autismus Deutschland und tandem Autismus. Geschäftsführer R+A Recht und Arbeit GmbH

 

[1] http://wahllos.de/nicht-deutsch-genug-zum-waehlen/static,Akin_de.htm

[2] http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/bundestagswahlen/55604/wahlberechtigte-1949-2009

[3] http://www.n-tv.de/politik/NRW-aendert-Wahlgesetz-nicht-article19747644.html

R+A Diskussionsveranstaltungen zum Thema Betriebsratsbashing

Am 19. Oktober 2017 diskutierten wir mit Elmar Wigand von der aktion./.arbeitsunrecht und ca. 30 Kolleg*innen aus Handel, Sozialunternehmen und Metallbranche, Rechtsanwält*innen und Gewerkschafter*innen über das Phänomen “Union Busting” bzw. “Betriebsratsbashing”. Elmar Wiegand berichtete wie er und seine Kolleg*innen von der aktion./.arbeitsunrecht ihr journalistisches Handwerkszeug einsetzen um, wie er es nennt, Gegnerbeobachtung zu betreiben. Sie analysieren die Vorgehensweise von Arbeitgeber*innen und ihren Berater*innen bei der systematischen Be- und Verhinderung von Betriebsräten.

Die Begriffe kommen aus den USA, wo das Phänomen schon seit den 90er Jahren erforscht wird. Hier in Deutschland hat man leider erst vor einigen Jahren begonnen sich ernsthaft mit diesem Problem zu Beschäftigen. An Beispielen für dieses Vorgehen von Arbeitgeber*innenseite mangelte es Elmar Wigand jedoch nicht. Neben bekannten und öffentlichkeitswirksamen Beratern wie Helmut Naujuks muss mittlerweile auch wohl konzediert werden, dass Betriebsratsbashing bei immer mehr Arbeitgeber*innen, quer durch alle Branchen und auf sehr unterschiedliche Weisen, angewandt wird. Auch anwesende Betriebsräte konnten von vergleichbaren Problemen aus ihren Betrieben berichten.

Alleine nur mit  den rechtlichen Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetzes sind Betriebsräte meist nicht in der Lage, sich gegen diese Strategien zu erwehren. Arbeitsgerichtsverfahren dauern oft zu lange und für die Belegschaft und oft auch für die betroffenen Betriebsräte selber, wird meist erst viel zu spät deutlich, welche Absicht die Arbeitgeber*in mit ihrem Vorgehen verfolgt. Die Gewerkschaften haben erst seit relativ kurzer Zeit damit begonnen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen.

Auch der § 119 des Betriebsverfassungsgesetzes, der für Straftaten gegen Betriebsräte und Wahlvorstände hohe Geldstrafen oder Haftstrafen von bis zu einem Jahr vorsieht wird in der Realität nur äußerst selten angewandt. Gerichten und Staatsanwaltschaften fehlt Erfahrung in diesem Bereich der Unternehmer*innenkriminalität.

Mit den anwesenden Kolleginnen haben wir deswegen vor allem über mögliche Gegenstrategien von Betriebsräten gesprochen. Am Ende bestand Einigkeit darin dass eine sinnvolle Strategie nur darin bestehen kann, das Vorgehen auf den verschiedenen Bereichen miteinander zu verbinden: das Ausschöpfen aller rechtlicher Möglichkeiten in Zusammenarbeit mit engagierten Rechtsanwält*innen, die ständige Kommunikation mit den Kolleg*innen im Betrieb, das Ausnutzen aller gewerkschaftlicher Organisationsmöglichkeiten und das Nutzen von journalistischen Fähigkeiten zur Recherche des Gegners und der eigenen professionellen Öffentlichkeitsarbeit in den breiten Medien. Um Betriebsräte nachhaltig zu stärken und vor allem auch, die immer noch viel zu spärliche Verbreitung von Betriebsräten in deutschen Unternehmen zu erhöhen, bedarf es einer gesellschaftlichen Bewegung, die die Existenz von Betriebsräten als Errungenschaft der Arbeiter*innenbewegung anerkennt und  als demokratische, emanzipatorische Institution in der deutschen Gesellschaft ausbauen möchte.

Link zur Webseite der aktion./.arbeitsunrecht

Link zur Studie von Elmar Wigand und Werner Rügemer bei der Otto-Brenner-Stiftung

 

Diskussionsveranstaltung: Wahlbehinderung und Betriebsratsbashing verhindern. Brauchen wir eine Reform der Betriebsverfassung?

Die Be- und Verhinderung von Betriebsräten und Betriebsratswahlen wird zu einem immer ernsteren Problem und die Methoden der Arbeitgeberseite und ihrer Berater*innen immer ausgefeilter. Müssen Betriebsräte sich besser rüsten, oder braucht es gar eine Reform auf Gesetzesebene? Die kölner Gruppe „aktion./.arbeitsunrecht“ hat unlängst eine Liste mit Forderungen und Vorschlägen zur Reform der betrieblichen Mitbestimmung veröffentlicht. Wir wollen mit Elmar Wigand, einem der Gründer von aktion./.arbeitsunrecht darüber diskutieren und gemeinsam nach Lösungen und Perspektiven fragen.

Wir würden uns freuen, Euch bei dieser Diskussionsveranstaltung begrüßen zu dürfen. Ihr braucht keine Anmeldung oder Kostenübernahme. Für Getränke wird ebenfalls gesorgt sein.

Den Forderungskatalog der aktion./.arbeitsunrecht findet Ihr hier

Die Veranstaltung findet am 19. Oktober 2017 um 19:00 Uhr in der Galerie ZeitZone in der Adalbertstr. 79, 10997 Berlin Kreuzberg statt.